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Zeit der Ausreden und Halbwahrheiten

Aber Schuld sind andere: Habeck spricht von größter Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten

Politik
Bild: Heinrich-Böll-Stiftung, CC BY-SA 2.0, Flickr

Vor kurzem erklärte er noch die Energiekrise für beendet und wollte, dass Unternehmer die Ärmel hochkrempeln. Doch auf dem grünen Parteitag in Potsdam schlägt der grüne Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck plötzlich einen anderen Ton an. Die Wirtschaftskrise sei dramatisch, aber Schuld seien die anderen, allen voran die Union.

Plötzlich scheint in der grünen Welt nicht mehr alles so rosig zu sein, wie es versucht wurde, noch bis vor kurzem darzustellen. Am kleinen Parteitag der Grünen in Potsdam erklärte Vizekanzler und Wirtschafts- sowie Klimaminister Robert Habeck auf einmal, dass man sich in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten befinde - und vertagte somit das versprochene grüne Wirtschaftswunder auf unbekannte Zeit. Aber auch einen Schuldigen hat Habeck für seine Parteigenossen parat. Und schuldig ist überraschenderweise nicht die AfD, der man sonst alles mögliche versucht in die Schuhe zu schieben, sondern die Union und Friedrich Merz.

Große Koalition und Russen-Gas

"Friedrich Merz, die Union ist verantwortlich für die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten", so Habeck am Parteitag. Und er präzisiert seine Aussagen auch, in dem er fortfährt: "Alles geht zurück auf einen historischen Fehler der großen Koalition", womit er meint, dass sich Deutschland niemals von russischem Gas "abhängig" hätte machen dürfen. "Was ich das eigentlich Empörende finde, ist die Nichtaufarbeitung dieser Geschichte, vor allem in der Union", tönt Habeck gegenüber seinen Parteigenossen. Doch nun sei alles besser, denn so erklärt der Minister, wenn die Grünen nicht in der Ampelregierung wären, hätte es bitter ausgesehen.

"Deutschland wäre im Sommer 22 in eine Energiekrise geschlittert, die diesem Land den Boden unter den Füßen weggerissen hätte. Deutschland hätte sein Wohlstandsmodell abschreiben können. Und man darf sagen, Putin hat genau das vorgehabt", spielt Habeck Küchenpsychologie und unterstellt der Union zudem auch, den Ausbau der erneuerbaren Energien "kaputtzumachen" und energiepolitisch eine Geisterfahrerpartei zu sein. Die Union, deren Verteidigungspolitiker mitunter fordern, den Krieg "nach Russland zu tragen", alo gar als verkappte 5. Kolonne Putins?

Habecks gedankliche Geisterfahrt

Dabei zeigt sich, dass der Wirtschaftsminister wieder einmal nicht unbedingt mit Kompetenz glänzt. Zwar weiß er mittlerweile vielleicht, wenn es ihm jemand im Ministerium gesagt hat, was eine Insolvenz ist, aber beim Thema Gas begibt er sich auf gleichermaßen dünnes wie glattes Eis.

Zwar war es die Union, die unter Merkel den Atomausstieg beschloss und als Ersatz neue Gaskraftwerke plante - immerhin braucht die Wirtschaft genau das, woran es derzeit mangelt, nämlich billige Energie - aber russisches Gas fließt schon etwas länger ungehindert nach Deutschland - und hier war es die Ampel, die Politik nicht nach realen Gegebenheiten, sondern in einem moralischen Wahn betrieb.

Mit Sanktionen -bei denen man der CDU freilich vorwerfen kann, sie federführend mitgetragen zu haben - kappte man genau diese günstige und billige Energieversorgung, was man an den Preisen nur zu deutlich spürt. Wären die Grünen also nicht in der Regierung, wäre dann die Energie noch leistbar? Zumal man die Abhängigkeiten nicht gelöst, sondern lediglich verlagert hat...

Gas aus dem Osten und Rot-Grün

Zudem scheint auch Habeck auf dem Ampel-Auge blind zu sein. Denn es war die rot-grüne Koalition unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder, die um die Jahrtausendwende verstärkt auf billiges Gas aus dem Osten setzte.

Dieses floss allerdings auch schon länger. Ab Anfang der 1970er Jahren war es die rot-gelbe Regierung unter SPD-Kanzler Willy Brandt gewesen, die schließlich Erdgaslieferungen aus der Sowjetunion nach Deutschland fixierte - von 1972 bis 1992 sollten so mindestens 52 Milliarden Kubikmeter Gas in die BRD fließen. Und zuvor hatte man bereits am Anfang der 1960er Jahre Teile für Pipelines in die Sowjetunion geliefert und damit eigentlich auch ein NATO-Embargo umgangen.

Moralingeschwängerter Amoklauf

Und seitdem floss das sowjetische bzw. russische Gas trotz aller politischer Widrigkeiten und hielt auch den deutschen Wirtschaftsmotor am Laufen. Daran änderte nichts, dass die Sowjets ein paar Jahre vor Brandts neuer Ostpolitik den Prager Frühling niedergeschlagen hatten, dass sie in Afghanistan einmarschierten oder Russland später Kriege in Tschetschenien und im Kaukasus etc. führte oder auch Assad in Syrien Waffenhilfe gab. Man protestierte, schickte diplomatische Noten, boykottierte die Olympischen Spiele 1980 in Moskau - aber die Realpolitik behielt die Oberhand.

Niemand wäre auf die Idee gekommen, auf notwendige und vor allem günstige Rohstoffe aus dem Osten zu verzichten. Bis Ampelregierung und EU in einem moralingeschwängerten Amoklauf aufgrund des Konflikts in der Ukraine - auf Geheiß der USA oder aus Unfähigkeit? - die Realpolitik über Bord warf. Freilich: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kommt wohl aus dem CDU-Stall, aber die meinte Habeck angesichts ihrer Vorreiterrolle beim EU-"Green Deal" wohl kaum.

Man verpasste der europäischen und vor allem deutschen Wirtschaft neben der Energiewende mit den Sanktionen einen weiteren Knieschuss, der mit den Verwerfungen seit Corona und den EZB-Gelddruckorgien zu einer veritablen Wirtschaftskrise führte. Die Logik hinter diesen Beschlüssen zu erkunden oder Erklärungen dafür zu finden, dürfte spannend werden. Andererseits: Vielleicht endet es für Habeck & Co. einst mit der an die eigene Logik angelehnte Feststellung, dass die Ampelparteien zwar nicht gar keine Stimmen mehr bekommen, aber eben abgewählt sind...

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