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Atempause für Demokratie

Verbotsverfahren: CDU-Wanderwitz will 'totales Auslöschen' der AfD

Politik
Bild: Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons (beschnitten)

Der ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung CDU-Politiker Marco Wanderwitz scheint das mit dem Osten etwas zu wörtlich genommen zu haben. Denn in bester SED-Manier will er die Opposition - in diesem Falle die AfD - "total auslöschen", wie er in einem Interview mit der "Tagesschau" erklärt. Davon erhofft er sich wohl nicht nur wieder ein Direktmandat, sondern auch eine angebliche "Atempause für die Demokratie".

Der DDR-Geist ist fruchtbar noch...

"Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben", so umschrieb Walter Ulbricht, 1945 frisch aus der Sowjetunion nach Deutschland zurückgekehrt, die Aufbauarbeit in der östlichen Besatzungszone. Und diese Drohung sollte mehr als 40 Jahre halten. Die SPD zwangsvereinigt mit der KPD zur SED, dazu noch ein paar Blockparteien als Staffage vereinigt in der Nationalen Front und dem Herrschaftsanspruch der Partei des Fortschritts und des "neuen Typs" stand im ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschen Boden nichts mehr im Wege.

Den Rest besorgten die K1 der Kriminalpolizei, das Ministerium für Staatssicherheit und ein paar gewiefte Wahlfälscher - obwohl letzteres nur kosmetische Effekte hatte. Zwar ging das auch nicht ganz so reibungslos, man denke nur an den 17. Juli 1953 oder an den beständigen Aderlass an Fachkräften, der schließlich zur Errichtung des "antifaschistischen Schutzwalls" führte um Flucht aus dem Arbeiter- und Bauernparadies zu verunmöglichen, aber eine Weile konnte man so durchhalten.

Feindbild AfD

Zumindest bis zum Herbst 1989. Dann wurde der SED-Staat von einer "Konterrevolution" hinweggefegt. Diese Weg will man nun offenbar auch in der CDU zunehmend beschreiten. Egal was der Bürger will, die Partei hat immer Recht. Und ein Vertreter der Partei, der ehemalige Ost-Beauftragte und CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz, hat nun vor, ein Verbotsverfahren gegen die AfD möglichst schnell umzusetzen. Denn so Wanderwitz in einem Interview mit der Tagesschau, hätten weder Skandale noch ein "Aufstand der Zivilgesellschaft" dazu geführt, dass die Bedrohung durch die AfD kleiner würde.

"Im Gegenteil: In weiten Teilen der neuen Bundesländer ist die AfD mittlerweile Volkspartei. Leider. Sie stellt Tausende Kommunalpolitiker. Das sind Kipppunkte für unsere Demokratie. Da wird ein Verbotsverfahren zwingend notwendig", so Wanderwitz, der sich durch einen solchen Schritt wohl auch seine politische Absicherung erhofft - immerhin verlor er bei der Bundestagswahl 2021 sein Direktmandat an einen AfDler und schaffte es nur noch über die Landesliste - unvorstellbar, wenn das auch nicht geklappt hätte.

Das "totale Auslöschen" der AfD

Von einem Verbotsverfahren erhofft sich Wanderwitz als mindestes zumindest ein Teilverbot, also Verbote einzelner Landesverbände und der Jungen Alternative sowie ein Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung und somit eine "Atempause" für die Demokratie.

Aber erklärtes Ziel bleibt ein komplettes Verbot der Oppositionspartei. "Ich halte auch ein gesamtes Verbot für relativ wahrscheinlich. Das würde sozusagen ein totales Auslöschen des Lagerfeuers der AfD bedeuten. In dem Moment hört die Partei auf zu existieren. Das gesamte Parteivermögen würde eingezogen, alle Mandate vom Gemeinderat bis zum Europaparlament erlöschen. Alle Mitarbeiter der Partei und Fraktionen wären weg", träumt Wanderwitz seinen DDR-Traum.

Dass damit nicht die Wähler und Parteianhänger verschwinden, wie die "Tagesschau" nachfragt, ist Wanderwitz auch klar, aber er erhofft sich davon dennoch, Wähler für die Altparteien zurückzugewinnen. "Aber die gesamte Organisationsstruktur der AfD, die mit Steuergeld bezahlt wird, verschwindet. Das wäre die große Atempause für eine Demokratie, die wir brauchen. Erst dann können wir überhaupt wieder einen Teil der AfD-Wählerinnen und -Wähler, die nicht in der Wolle rechtsextrem gefärbt sind, erreichen. Weil die nicht mehr wie heute 24 Stunden am Tag analog und digital mit Hass und Hetze gefüllt werden", erklärt der ehemalige Beauftragte für die neuen Bundesländer.

Ähnlich wie den Bonzen in Wandlitz im Herbst 1989 geht Wanderwitz offenbar nicht ein, dass es an der eigenen Politik liegt, dass die Wähler in Scharen eine Alternative suchen. Diese einfach verbieten und damit ist das Problem gelöst, wird wohl kaum funktionieren.

Verbotsverfahren, weil Wähler lernresistent sind

Das Verbotsverfahren gegen die AfD soll nun so schnell wie möglich angestoßen werden und möglichst im September oder Oktober im Bundestag sein. Eher ging wohl nicht, weil man noch die schriftliche Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom Urteil im Mai abwarten wollte. Aber zur Bundestagswahl kommt man vielleicht noch zurecht und ein eventuelles Verbot wirkt sich dann ja sicher nachträglich auf die Landtage auch noch aus.

Zudem macht Wanderwitz auch keinen Hehl daraus, dass ein Verbotsverfahren für ihn das probate Mittel ist, weil die Wähler einfach nicht mehr so abstimmen wie sie eigentlich - nach seiner Meinung nach - sollten. "Laut Nachwahlbefragungen zur Europawahl ist es 82 Prozent der AfD-Wählern völlig egal, dass sie rechtsextrem ist. Das sind verfestigte Wähler. Bei der Landratswahl in Sonneberg und der Oberbürgermeisterwahl in Pirna hat nicht mal mehr das Zusammenlegen aller Demokratinnen und Demokraten geholfen", klagt Wanderwitz. Seine Räson daher: "Das letzte Mittel, das uns noch bleibt, ist das Verbotsverfahren."

Oder, wie Brecht nach dem Volksaufstand 1953 spitzzüngig in seinem Gedicht "Die Lösung" schrieb, das Volk auszutauschen, je nachdem, was halt schneller geht:

Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, dass das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?

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