Irre Entgleisung: WDR-Redakteur hält Kritik am Staatsfunk für antisemitisch
Der Staatsfunk muss sich nicht auf dem freien Markt behaupten, sondern wird durch die von allen Haushalten eingehobene Zwangsgebühr finanziert. Entsprechend halten ihn seine Vertreter für unfehlbar: Wer Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk übt, muss zumindest ein übler Extremist sein. Neuerdings versucht man die bröckelnde Deutungshoheit sogar auf absurde Weise mit der Antisemitismus-Keule zu behaupten. Diese Gehirnakrobatik lieferte der ohnehin umstrittene WDR-Redakteur Lorenz Beckhardt.
Ertappter WDR-Journalist hetzt auf Twitter
Ausgangspunkt der Tiraden war ein Beitrag des "ÖRR Blogs", ein Twitter-Account, der fragwürdiges Verhalten, problematische Seilschaften sowie Doppelmoral bei den Vertretern des Staatsfunks schonungslos aufzeigt. Bereits knapp 50.000 Follower sprechen eine deutliche Sprache: Das Konto spricht den kritischen Bürgern aus der Seele. Diesmal traf die Kritik den WDR-Mann direkt: Der ÖRR-Blog verwies auf seinen älteren Tagesthemen-Kommentar, worin dieser von Politikern forderte: "Macht Fleisch, Autofahren und Fliegen so verdammt teuer, dass wir davon runterkommen. Bitte, schnell!" Dies wurde mit den jüngsten Urlaubsfotos Beckhardts in Israel kontrastiert.
Lorenz Beckhardt, der in den Tagesthemen forderte, Fliegen so verdammt teuer zu machen, dass wir davon runter kommen, ist mal wieder in den Urlaub geflogen. Diesmal nach Israel. #ReformOERR #OERRBlog pic.twitter.com/4qucszfGty
— ÖRR Blog. (@OERRBlog) April 9, 2023
Darauf tobte Beckhardt, Journalist für die umstrittene WDR-Pseudo-Wissenschaftssendung "Quarks", los und hängte sich daran auf, dass es sich beim Betreiber des Blogs um den stellvertretenden CSU-Ortsgruppenvorsitzenden einer kleinen Ortschaft in Bayern handelt. Außerdem beflegelte er die AfD in einem Umschlag mit der abgedroschenen "Nazi-Keule", indem er sie wenig geistreich als "die Braunen" bezeichnete. Um seine Argumente zu untermauern, verlinkte er auf eine "Recherche" des Redaktionsnetzwerk Deutschland, dem wiederum ein Näheverhältnis zur Kanzlerpartei SPD nachgesagt wird. Die politische Objektivität ist offenbar beim WDR nicht einmal mehr ein Feigenblatt...
Ein @CSU -Politiker verfolgt uns, versteckt hinter @oerrblog. Ich hatte schon die AfD im Verdacht, weil die unsaubere Machart, Halbgares anzurühren und Gerüchte zu verbreiten, den Braunen ähnelt. Danke für die Recherche, @RND_de ! https://t.co/h0s1sf7lzB
— Lorenz Beckhardt (@LorenzBeckhardt) April 11, 2023
Staatsfunk-Kritik als Verschwörungstheorie?
Naturgemäß stieß der Ausritt bei den Twitter-Nutzern auf massiven Gegenwind. Beckhardt reagierte auf viele der Gegenstimmen mit pampigen Worten. Doch den Vogel schoss er endgültig ab, als ein Nutzer angesichts der Zwangsgebühren korrekt auf den Umstand hinwies, dass es sich bei der ARD um einen "milliardenschweren Apparat" handelt. Denn aus dieser Kritik wollte der WDR-Mann plötzlich Antisemitismus konstruieren: "Die 'jüdische Weltverschwörung', die Sie hier andeuten, fantasieren Sie herbei." Was Kritik an der faktischen Staatsfunk-Steuer namens "Haushaltsabgabe" mit Antisemitismus zu tun hat, weiß der Journalist wohl nur selber...
Milliardenschwer? Schreiben Sie doch gleich „Rothschild“ oder „Soros“! Ich bin privat im Netz unterwegs, mehr nicht, und die “jüdische Weltverschwörung“, die Sie hier andeuten, fantasieren Sie herbei.
— Lorenz Beckhardt (@LorenzBeckhardt) April 11, 2023
Doch die Nummer war noch nicht vorüber. Denn als der angegriffene Nutzer sich verteidigte und darauf hinwies, dass eine solche Deutung fernab seiner Absicht war, pachtete Beckhardt endgültig die Opferrolle. Weil seine Vorfahren im dritten Reich verfolgt wurden, seien solche "absichtslosen Assoziationen" angeblich die Vorboten einer Wiederholung der Geschichte. Ganz nach dem Prinzip: Wer heute noch den Staatsfunk kritisiert, schickt morgen schon Juden ins Gas. Dass man darunter auch eine grobe Verharmlosung der historischen Gräuel sehen könnte, fällt ihm vermutlich noch nicht einmal selbst nicht auf...
Ach. „Milliardenschwer“ im Zusammenhang mit meiner Person? Völlig zufällig in einem Satz? Schauen Sie mal in ein Geschichtsbuch! Meine Familie wurde verfolgt und ermordet nach solchen absichtslosen Assoziationen.
— Lorenz Beckhardt (@LorenzBeckhardt) April 12, 2023
Diese absurde Fehlinterpretation des Gesagten stieß auch bei anderen Twitter-Nutzern auf Unverständnis:
Nachdem Frl. Kahane in einem abenteuerlichen Spin festgestellt hatte, daß Kritik an den Corona-Maßnahmen Antisemitismus sei, lernen wir jetzt beim WDR, daß Kritik an der Überfinanzierung des teuersten #Staatsfunks der Welt antisemitisch wäre. pic.twitter.com/MoghUopVMa
— Horst Rübenhouse. (@Ruebenhorst) April 12, 2023
Twitter-Nutzer sehen ÖRR-Kritik bestätigt
Auch sonst sehen viele Twitter-Nutzer die Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der Gestalten, die diesen prägen, durch die Episode bestätigt. Sie danken dem ÖRR-Blog vielmehr für das Sichtbarmachen der Staatsfunk-Abgründe und können der ideologischen Schlagseite seines Personals wenig abgewinnen.
Ein Journalist vom zwangsgebührenfinanzierten #ÖRR, der die Opposition als "Braune" bezeichnet, gehört wegen Missachtung der Pflicht zu Neutralität u. Objektivität gem. Medienstaatsvertrag und Naziverharmlosung, sofort entlassen.
— Johannes Normann (Propaganda-Exorzist) (@JohannesNormann) April 11, 2023
Mein lieber Scholli, das sind aber saubere Kombinierer, die das jetzt ermittelt haben. Der Herr macht mit privaten Mitteln die Arbeit, die Aufsichtsgremien des ÖRR immer vernachlässigen. Und wenn Euch das beunruhigt, gut so. Das Gerede über „Braune“ fällt auf Euch zurück.
— Rainer Ohler (@roblagnac) April 11, 2023
Ihre Formulierung "ein CSU-Politiker verfolgt uns" ist aber schon sehr schräg. Klingt so, als ob dunkle Gestalten rund um die Uhr Ihr Haus beobachten.#OERRBLOG berichtet Kritikwürdiges, ARD und ZDF liefern (leider) Tag für Tag das Material. Das ist legitim in einer Demokratie.
— Jörg Brühl (@JorgBruehl) April 11, 2023
Wieso? Haben Sie etwa was gegen Transparenz? Ist doch gut, wenn auch der #ÖRR kritisch hinterfragt wird. Oder wollen Sie etwa suggerieren, man dürfe den ÖRR jetzt nicht mehr kritisieren, ohne gleich als „rechts“ etikettiert zu werden? 🤔
— Ralph Kamphöner 🇪🇺🇺🇦 (@ralphkamphoner) April 11, 2023
Ich danke @OERRBlog für seine für die Gesellschaft sehr wichtige Arbeit. Und es ist mir völlig wurscht, wer dahinter steckt, weil ich Beiträge nach den Inhalten beurteile und nicht - wie der ÖRR - danach, wer was gesagt hat.
— BabetteDre - Member of the (too) Silent Majority (@BabetteDre) April 11, 2023
Ich danke @OERRBlog für seine für die Gesellschaft sehr wichtige Arbeit. Und es ist mir völlig wurscht, wer dahinter steckt, weil ich Beiträge nach den Inhalten beurteile und nicht - wie der ÖRR - danach, wer was gesagt hat.
— BabetteDre - Member of the (too) Silent Majority (@BabetteDre) April 11, 2023
Man kann @OERRBlog ja gerne kritisieren, aber ich halte Ihren Tweet für wenig seriös - eines Journalisten sogar unwürdig: „CSU-Politiker“, „uns verfolgt“, „den Braunen ähnelt“…
— Marcel 🇪🇺 (@BewareMacduff) April 11, 2023
Dabei stürzen Sie sich noch auf die Recherche eines sozialdemokratischen Blattes. Spannend.
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