Bezahlte Anzeige
ÖVP wünscht sich 'Swift Justice'

Böser Pöbel sei gläsern: Alles Terror-Verharmloser außer Karli...?

Meinung
Stocker: (C) Parlamentsdirektion/Thomas Topf; Nehammer: European People's Party, Flickr, CC BY 2.0

Was erlaubt sich diese Opposition, die hehren Absichten der Kanzlerpartei zu hinterfragen?! Dabei will diese doch nur die vereitelten Anschlagspläne islamistischer Halbwüchsiger nutzen, um zu zeigen, dass jeder Österreicher potenziell ein Terrorist sein kann. Die bösen anderen Parteien, vereint in ihrer ewigen Scheinheiligkeit sind Verharmloser, wenn sie sich für die anlasslose Messenger-Überwachung ebenso wenig erwärmen können. So zumindest das Narrativ von "McKanzler" und seiner Gefolgschaft.

Überwachung als schwarzer feuchter Traum

Beim Gedanken, endlich den Pöbel noch umfassender überwachen zu können, dürfte die Inzidenz feuchter Träume in den Gängen der Lichtenfelsgasse in etwa ähnlich hoch sein wie jene an Fantasien potenzieller "Allahu Akbar"-Selbstsprenger nach 72 Jungfrauen, die sie nach ihrer Gräueltat im Paradies erwarten. Der Gesetzesentwurf ist schon länger in der Schublade, nun will man den Macher markieren. Man fordert den "Budget-Bundestrojaner", also die heimliche Einspeisung von Programmen ins Computersystem potenzieller Gefährder, um einen "verfassungsgefährdenden Angriff" oder mögliche Spionage zum Nachteil Österreichs zu verhindern.

Nun, nach den Berichten über die islamistischen Anschlagspläne auf ein Taylor-Swift-Konzert ist der Augenblick gekommen, im Wahlkampf ein bisserl auf "Law & Order" zu tun. Immerhin gilt es zu kaschieren, dass ein durchwegs eingeschwärzter Geheimdienst wieder einmal völlig blind war, was um ihn herum abgeht. Ließ vor dem Terroranschlag vor knapp drei Jahren noch Warnungen befreundeter Dienste verstreichen und leistete sich Ermittlungspannen, brauchte es diesmal den Hinweis amerikanischer Geheimdienste, die nach der NSA-Affäre trotz "Muttis Zeigefinger" nicht damit aufhörten, private Kommunikation in Europa zu überwachen.

Statt Abschiebungen islamistischer Gefährder - mehr Verbote, mehr Kontrolle, mehr Überwachung: 

Der Staatsschutz & seine Prioritäten...

Plötzlich ist der politische Islam in aller Munde, dabei hatte ihn die pechschwarze "Direktion Staatsschutz & Nachrichtendienst" (DSN) lange nicht einmal ordentlich auf dem Radar. Unvergessen sind die Zeiten, als man regierungskritische Demos als "größte Bedrohung in der Republik" bezeichnete und ihre Organisatoren am laufenden Band mit Gefährderansprachen behelligte. Bei der Vorstellung des jüngsten Verfassungsschutz-Berichtes im Mai ging es den Akteuren vor allem darum, eine "rechtsextreme" Gefahr als größte Bedrohung herbei zu fabulieren. ÖVP-Innenminister Karner problematisierte, dass die FPÖ auch "Begriffe wie Great Reset oder Remigration" verwende.

Dabei machte DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner, politisch schwarz wie die Nacht finster, nicht einmal einen Hehl daraus, dass Hakenkreuz-Schmierereien der Antifa auf FPÖ-Plakaten und Hamas- einfach als "rechtsextreme Straftat" mit erfasst werden. Man hob auch "islamfeindliche" Taten in die Auslage und wetterte darüber, dass "das rechtsextreme Narrativ salonfähig" würde. Kurz später inszenierte man bundesweite Razzien im "altrechten" Milieu, man stellte v.a. böse Kleidung und Datenträger sicher. Man muss schließlich (PR-)Prioritäten setzen. 

Endziel: Gläserne Bürger & mundtote Kritiker

Der Teufel steckt wie immer im Detail: In der Aussendung drohte die DSN mit einiger Mentalakrobatik auch alternativen Medien mit ähnlichen "Aktionstagen". Angeblich fände sich bei uns eine "gezielte und aktive Verbreitung von Desinformation". Eigentlich würde man hier ja gerne Kritiker mit neuen Strafrecht-Paragraphen hinter Gitter bringen, wie ein DSN-Mitarbeiter im Vorjahr laut tönte, ehe Haijawi-Pirchner zurückruderte, dass man eigentlich "nur" mehr Überwachung wünscht. Dazwischen kam dann der irre Sektenbericht, in dem problematisiert wurde, dass böse alternative Medien und böse Regierungskritiker sich auf Telegram vernetzen würden.

Hier würde man bekanntlich gerne alle Bürger überwachen, welche den Narrativen der Volkspartei gefährlich werden können. Wie Der Status berichtete, preschten Nehammer & Co. am Dienstag mit einem neuen Überwachungspaket vor. Doch leider riecht der politische Mitbewerb den Braten: Denn diesmal warnte nicht nur die FPÖ vor der neuen Massenüberwachung, sondern auch SPÖ und NEOS erinnerten sich plötzlich an Sinn & Zweck oppositioneller Politik. Und offenbar traut man der Sache nicht einmal bei den Grünen: Die Inseratenkaiser-"Krone" berichtet darüber, dass ein entsprechender Entwurf seit Feber in der Schublade von Justizministerin Alma Zadic liegt.

Alles Terror-Verharmloser außer Karli...

Eine Regierungspartei mit Weitblick und Realitätssinn würde nun vielleicht erkennen, dass sie über das Ziel hinausgeschossen ist. Nicht aber bei der schwarzen "Familie", welche die Republik und ihre Posten seit Jahrzehnten als Erbpacht betrachtet. Dort fährt man das Narrativ: Alles böse Terrorverharmloser außer Karli! Am heutigen Mittwochmorgen lud ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker zu einer Pressekonferenz mit dem schillernden Titel: "Pressekonferenz der Volkspartei zum Thema 'Einheitspartei Kickl-Zadic-Babler gegen die Terrorbekämpfung'."

Wäre es nicht so tragisch, könnte man es für einen gelungen Versuch politischer Satire begreifen. Ausgerechnet jene Partei, die sich bei Corona und den Selbstmord-Sanktionen an die Spitze einer Einheitsfront gegen das Volk stellte, hantiert mit jenem Begriff, mit dem die FPÖ die gleichgeschaltete Politik der Systemparteien treffend beschriebt. Aber bei der ÖVP ist das ohnehin nichts neues. Immerhin amüsierte schon Stocker-Vorgängerin Sachslehner damit, reihum Pressekonferenzen zu geben, um die "Scheinheiligkeit" aller anderen Parteien im Parlament zu bekritteln. Und was das junge, türkise Gör kann, das kann der alte, schwarze Mann schon lange.

Hoch gewinnen werden's das nimmer... 

Womöglich dämmert der Volkspartei aber auch allmählich, dass sie den Wahlkampf "nicht mehr hoch gewinnen" werden, um Ex-ÖFB-Teamspieler Toni Pfeffer zur Halbzeit der historischen 0:9-Schlappe gegen Spanien zu paraphrasieren. Vielleicht versuchen es Nehammer & Co. ja auch aktuell deshalb mit sportlicher Propaganda. Immerhin besteht die Chance, dass der Hobby-Boxer im Kanzleramt sich auf dem grünen Rasen weniger blamiert als auf dem politischen und diplomatischen Parkett. Und tatsächlich: Das jüngste PR-Video der ÖVP zeigt, dass "Karli" zwar kein Ronaldo oder Messi ist, aber für einen Herrn seines Alters ist die Ballbeherrschung brauchbar.

Allerdings wird auch den türkis-schwarzen Propagandisten langsam klar, dass die eigene Partei angesichts eines politischen Geschicks der Güteklasse "Schülerliga" schon länger einen ernsthaften Zug zum Tor vermissen lässt. Die schüttere Zuschauermenge kaschiert man dadurch, indem man eine Aufnahme aus einem Fußballstadion einspielt. Also einer Örtlichkeit, die bei Taylor Swift nicht leer geblieben wäre, hätten ÖVP-Innenminister ihre Arbeit gemacht. Nächster Halt: Aufnahmen von Fan-Hymnen, die man bei der Messenger-Überwachung eines erlebnisorientierten Fußballfans entdeckte. Weil Kampf gegen jeden Extremismus und so. 

+++ Folgt uns auf Telegram: t.me/DerStatus & auf Twitter/X: @derStatus_at +++

Dir gefällt unsere Arbeit? Unterstütze uns jetzt mit deiner Spende, damit wir weiterhin berichten können!

Kontoinhaber: JJMB Media GmbH
IBAN: AT03 1500 0043 9102 6418
BIC: OBKLAT2L
Verwendungszweck: Spende

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten